Kuvertüre für Pralinen - Welche nehmen?
Warum ich mich für Original Beans entschieden habe
Gnaaaaahhhhh!!! Dies hier ist der fünfte oder sechste Anlauf diesen Schokoladen-Artikel zu schreiben. Ich möchte schon seit Wochen Monaten über meine Kuvertüren-Auswahl schreiben. Welche Kuvertüren nutzte ich bisher und warum habe ich meine Kuvertüren gewechselt? Welche Qualität wählt man am Anfang seiner Pralinenkarriere und ab wann steigert man die Qualität? In wie weit muss ich auf meinen eigenen Geschmack bei der Kuvertüre-Auswahl achten? Warum verzeihen manche Kuvertüren „Behandlungsfehler“ einfacher als andere? Wozu braucht man Lecithin in der Kuvertüre? Und warum schnurrt Cat, die kleine 4-Kilo-Katze, eigentlich die ganze Zeit neben mir? Das Klackern der Tastatur ist doch eher holperig statt monoton...
Als ich meine Pralinenkarriere begann, war mir schnell klar, dass ich keine Lust hatte, Kuvertüren ständig zu hacken. Hast Du das schon mal gemacht? Bei mir laden sich die kleiner Späne immer elektrisch auf und die ganze Küche sieht aus wie... ja, wie ein Schokoladenschlachtfeld. Die Späne hängen überall: Am Messer, am Brett, an der Arbeitsfläche, auf dem Boden, ... Nur wollen sie nicht alle in die Schmelzschüssel. Sehr nervig.
Aus diesem Grund habe ich Kuvertüren aus der Backabteilung des Supermarktes sofort von meiner Kuvertüre-Lieferantenliste gestrichen. Da ich mein Pralinenleben mit den beiden Büchern Pralinen und Konfekt von Karin Ebelsberger (GU-Verlag) und Feinste Pralinen selbst gemacht (Südwest-Verlag) startete, kannte ich logischerweise Pralinenwerkzeug als mgl. Lieferanten von Pralinenzutaten (wird in Pralinen und Konfekt als Bezugsquelle genannt). Hier stehen Dir diverse Kuvertüren zur Auswahl. Ich entschied mich bei meiner ersten großen Weihnachtskollektion von ca. 800 Pralinen für die Lubeca-Kuvertüre. Diese ist zum Start des Pralinenlebens bezahlbar, man muss nicht hacken, sie schmeckt und lässt sich wirklich gut verarbeiten.
Ein halbes Jahr später entdeckte ich die Kuvertüren von Callebaut für mich. Diese Kuvertüre ist sehr, sehr verzeihend, was mgl. Verarbeitungsfehler betrifft. Geschmacklich fanden Lars und ich die weiße Kuvertüre etwas besser als die von Lubeca und so zog Callebaut bei mir ein. Die Verarbeitung der Kuvertüre würde ich als absolut gelingsicher beschreiben. Die Callets (Schokotropfen) sind kleiner als die von Lubeca und so lässt sich diese Kuvertüre auch schneller temperieren. Ich nutzte diese Kuvertüre bis vor kurzem in meinen Pralinenkursen. Sie ist eine gute, solide Starter-Kuvertüre mit der man sehr schnell wirklich gute Ergebnisse erzielt. Aber sie ist eine Anfänger-Kuvertüre für mich.
Ich schrieb oben, dass ich gerade meine Kuvertüre-Sorten gewechselt habe. Aber warum, wenn sich die Kuvertüre von Callebaut so gelingsicher verarbeiten lässt? Dies ist eine berechtigte Frage.
Mir persönlich geht es um den Geschmack, um die Qualitätssteigerung meiner Pralinen und darum, dass ich Lecithin-freie Kuvertüre verwenden möchte. Achtet man dann noch auf Nachhaltigkeit im Anbau und auf den Faktor Kinderarbeit, dann rückt ein Wechsel schnell in den Fokus meines Schokoladen-Denkens.
Schauen wir uns zuerst das Lecithin an. Lecithin wird in Kuvertüre als Emulgator (homogene Verbindung von Fetten und Wasser) verwendet. Wikipedia schreibt dazu Folgendes:
„Lecithin in Schokolade: Wie fast überall hat auch hier Lecithin eine Doppelfunktion: eine Qualitätssteigerung der Schokolade und eine Reihe von Vorteilen bei der Herstellung. Um in der Schokoladenherstellung die richtige Konsistenz zu erzielen und das typische Aroma zu erreichen, bedarf es vielstündiger Mahloperationen in der sogenannten Conche. Durch den Einsatz von Lecithin wird dabei die Viskosität herabgesetzt, die Bearbeitungszeit verkürzt und Kakaobutter eingespart. Aber auch die Eigenschaften werden günstig beeinflusst. Die Schokolade wird widerstandsfähiger gegenüber erhöhten Temperaturen, die Haltbarkeit verlängert, der Glanz der Oberfläche erhöht und ein vorzeitiges Vergrauen vermindert. Die Industrie verwendet fast ausschließlich Sojalecithine, aber auch Lecithine aus Raps- und Sonnenblumensaaten werden eingesetzt. Synthetische Lecithine und Lecithin-Kombinationen können sich bei der Produktion als vorteilhaft erweisen. Das Gleiche gilt beim Einsatz von Lecithinfraktionen, die eine bessere Verflüssigung der Schokolade beim Conchieren zulassen als native Lecithine.“
Auszug aus http://de.wikipedia.org/wiki/Lecithine
Aber brauche ich diese Lecithine wirklich in qualitativ hochwertiger Kuvertüre?
Ich persönlich bin der Meinung, dass Lecithine nicht benötigt werden. Warum muss ich technisch hergestellte Zutaten in hochwertiger Kuvertüre verwenden, wenn ich Kakaobutter nutzen kann? Die im Wikipedia-Artikel beschriebenen Vorteile kann man auch durch längeres Conchieren der Kakaomasse mit einem leicht höheren Kakaobutteranteil erreichen. Der Glanz der fertigen Pralinen ist der gleiche und die Haltbarkeit von einem Jahr ist ebenfalls gegeben.
Zugegeben, man muss bei der Verarbeitung von Lecithin-freien Kuvertüren etwas mehr Geduld beim Temperieren aufbringen. Beim Schmelzen dieser Kuvertüre muss noch genauer darauf geachtet werden, dass die empfohlene Temperatur nicht überschritten wird, damit die Kuvertüre nicht verbrennt. Auch der Temperierprozess selber muss etwas genauer eingehalten werden. Aber wenn man den Dreh raus hat, so erreicht man wunderbare Pralinenergebnisse.
Ein weiterer für mich wichtiger Vorteil ist, dass ich mit Lecithin-freier Kuvertüre sicherstellen kann, dass auch Allergiker von meinen schönen handgemachten Pralinen probieren können.
Kommen wir nun also zum Geschmack - zu meinen persönlichen Geschmack. Warum explizit MEIN Geschmack? Über Geschmack lässt sich hervorragend streiten.
Wenn Du schon mal die Chance hattest an einem Schokoladen-Tasting teilzunehmen, so wirst Du evtl. festgestellt haben, dass es ganz viele Schokoladen gibt, die vom Prozentanteil der Kakaomasse sehr dicht beieinander liegen, aber doch irgendwie alle etwas anders schmecken. Dies hat u. a. mit der Kakaosorte, dem Anbaugebiet des Kakaos und der Verarbeitung zu tun. Ich habe für mich festgestellt, dass mir bestimmte Kuvertüren einfach besser schmecken. Ich habe die letzten Monaten diverse Tafelschokoladen von Michel Cluizel und Original Beans durchprobiert. Ja, diese Schokoladen sind nicht günstig, mit einem Tafelpreis von 3€ bis knapp 5€ sind sie sogar recht teuer. Aber ich esse sie nicht wie eine stupide Milka-Schokolade, die kaum noch Schokoladengeschmack enthält. Solch hochwertige Schokoladen lutsche und genieße ich Stück für Stück, immer prüfend, ob ich noch neue Geschmacksnuancen entdecke.
Bei diesem ganz persönlichen Tasting habe ich für mich festgestellt, dass ich den Geschmack meiner Pralinen auch durch die Wahl einer zur Canache passenden Kuvertüre unterstützen/verfeinern kann. Der klassische Kuvertüren-Vorrat von je einer Sorte weißer Kuvertüre, Vollmilchkuvertüre und Zartbitterkuvertüre reicht mir heute nicht mehr. Hier manifestiert sich der eigene Fortschritt, seit 3 3/4 Jahren stelle ich inzwischen Pralinen selber her und habe da wohl doch schon eine gewisse Schokoladenverrücktheit und eine hohe Schokoladenliebe entwickelt.
Und was meine ich mit Nachhaltigkeit und warum spreche ich das böse Wort Kinderarbeit aus? Zu diesen Themen möchte ich Dir folgende Filme empfehlen. Wenn Du mal zwei ruhige Stunden hast und einen Einblick in die heute immer noch praktizierte Kakaoproduktion bekommen möchtest, solltest Du Dir diese Filme unbedingt anschauen. Die Filme zeigen das Problem besser auf, als ich es in Worten fassen könnte.
Schmutzige Schokolade (Link zur ARD Mediathek)
Schmutzige Schokolade II (Link zu Youtube)
So, und hier stelle ich Dir nun mal die Kuvertüre vor, die ich zuletzt verwendet habe, die ich trotz Lecithine empfehlen kann und danach noch die Kuvertüren, die ich seit kurzem nur noch verwende. Alle drei Kuvertüre-Lieferanten haben sich fairen Handel und Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben:
Felchlin ist ein Schokoladenhersteller aus der Schweiz, welcher in Kakao-Kooperationen direkt mit Kakaobauern zusammenarbeitet. Es wird für nachhaltigen Anbau gesorgt und es werden Preise über den marktüblichen Fair-Trade-Preis gezahlt.
Felchlin hat sind nach eigener Auskunft auf die Herstellung von Grand Cru Kuvertüren spezialisiert. Grand Cru bedeutet, dass die Kuvertüren reinsortig produziert werden, es gibt also keine „Cuvee“, kein Mix aus verschiedenen Kakaosorten. Die Kuvertüren von Felchlin kosten zwischen 20 € und 30 € pro Kilo für Endverbraucher.
Direkt beziehen kannst Du die Kuvertüre als Endkunde nur schwer. Pralinenwerkzeug ist einer der wenigen Onlineshops, über den Du diese Kuvertüre in Deutschland als Endkunde beziehen kannst.
Felchlin-Kuvertüre habe ich zuletzt für meine Weihnachtskollektion verwendet. Die Verarbeitung war bei der ersten Pralinensorte in punkto Temperieren etwas kniffelig, aber ich war ja bislang auch nur „gelingsichere“ Kuvertüren gewohnt. Die weiteren neun Pralinensorten ließen sich gut und ohne Zickereien verarbeiten. Geschmacklich haben die fertigen Pralinen mit der Felchlin-Kuvertüre auf jeden Fall Freude bereitet.
Wenn ich an die Verarbeitung der Michel-Cluizel-Kuvertüre denke, so muss ich sofort an meine Eiweiß-Resteverwertung denken. Weißes Baiser mit 72%ige Kuvertüre von Michel Cluizel war der Knaller. Lars und ich haben das Baiser weggeatmet. Überrascht hat mich auch die 45%ige Vollmilchkuvertüre. Mir ist Vollmilchkuvertüre (fast) immer zu süß und zu cremig. Diese hier ist aber weder zu süß noch zu cremig-milchig.
Fast alle Kuvertüren von Michel Cluizel kommen bisher ohne Lecithine aus. Warum nur fast alle? Michel Cluizel verarbeitet Raps-Lecithine lediglich in fünf ihren Schokoladen und Kuvertüren. Die übrigen Kuvertüren werden alle ohne Lecithine hergestellt.
Der Kakao wird, laut Internetseite, auf eigenen Plantagen angebaut und hat je nach Anbaugebiet unterschiedliche Nuancen. Bei Michel Cluizel handelt es sich um sehr feine und hochwertige Kuvertüren und Schokoladen, die es wert sind zu Pralinen verarbeitet zu werden. Kosten pro kg: 16 € bis 30 € für Endverbraucher.
Beziehen kannst Du die Kuvertüren von Michel Cluizel über den Onlineshop von Pralinenideen. Wenn Du die Schokoladen pur als Tafelschokoladen genießen möchtest, so lege ich Dir den Onlineshop Chocolats de luxe von Michaela Schupp aus Hannover an Herz. Hier kannst Du nicht nur eine sehr gute internationale Auswahl von Schokoladen und Pralinen finden. Bei Frau Schupp kann man ebenfalls Tastings wie Schokolade & Wein oder Schokolade & Whiskey buchen. Last but not least veranstaltet Frau Schupp das Schokoladen-Gourmet-Festival in Hannover (11. Bis 13. September 2015). Ich freu mich schon drauf.
Mein absoluter Liebling und die Kuvertüre, die ich exklusiv in meiner Pralinenschule, die am 19. September 2015 eröffnet wird, verwenden werde, ist Original Beans. Hier stimmen für mich alle Bedingungen, die ich mittlerweile an eine gute Kuvertüre stelle:
Fair Trade
Die Bauern werden geschult und wissen, was aus ihrem Kakao hergestellt wird. Sie sind daher in der Lage, die gute Qualität des eigenen Produktes selbst zu bewerten. So können sie den Kakao zu einem Preis zu verkaufen, der angebracht ist. Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Meistens fliegen die Kakao-Experten ein, schauen nach der Qualität, bieten viel zu niedrige Preise und fliegen wieder. Der Bauer wird hier bewusst „dumm“ gehalten, damit das System Kakao weiterhin aufrechterhalten bleibt.
Anbau
Die Kakaobäume stehen nicht auf Plantagen und werden „totgeerntet“. Sie stehen in der pflanzlichen Symbiose, die sie brauchen. So können die Bäume bis zu 100 Jahre alt werden. Zusätzlich gibt Original Beans das Versprechen für jede verkaufte Tafel Schokolade einen Baum der Kakaobaum-Symbiose zu pflanzen. Es wird also auf- statt abgeforstet. Was will man mehr?
Lecithin und Vanille
Alle Kuvertüren von Original Beans sind lecithin- und vanille-frei. Diese Kuvertüren sind somit auch für Allergiker geeignet.
Vegan
Alle Zartbitterkuvertüren von Original Beans sind vegan. Hieraus kann man wunderbare vegane Pralinen herstellen. Es gibt ja auch vegane weiße Kuvertüre und Vollmilchkuvertüren. Auf meine Frage, warum Original Beans diese nicht mit im Sortiment hat, bekam ich eine doch schlüssige und einleuchtende Antwort. Vegane weiße Kuvertüre und Vollmilchkuvertüre wird mit Reismilchpulver hergestellt. Herstellungsgebiete für Reismilchpulver sind Russland und die asiatischen Länder, wie China. Hier ist es nicht möglich Fair-Trade-Ware zu beziehen. Und Fair Trade ist die Ausgangsbasis für alle Original Beans Produkte.
Wenn Du mehr über die Vorzüge der Kuvertüren und Schokoladen von Original Beans wissen möchtest, so stöbere doch einfach mal auf der Seite von Original Beans. Hier findest Du neben ausführlichen Informationen rund um den Anbau des Kakaos auch eine kleine Rezeptdatenbank mit vielen schokoladigen Impressionen.
Beziehen kannst Du die Kuvertüren von Original Beans für Deine Pralinenproduktion u. a. über den Shop von Original Beans. Kosten pro kg: 25 – 35 € für Endverbraucher
Die wirklich guten Tafelschokoladen von Original Beans findest Du z. B. bei Denns Bio, in gut sortierten Supermärkten und bei Chocolats de luxe von Michaela Schupp.
Soll ich Dir noch schnell meine Lieblingssorte von Original Beans verraten? Aber gerne doch. Das ist diese hier...
Ich hoffe, meine doch recht lang gewordenen Gedanken zu Kuvertüren für Pralinen helfen Dir in Deiner Kuvertüre-Findung ein wenig weiter. Für Fragen stehe ich Dir gerne zur Verfügung.
Schokoladige Grüße
PS:
Nein, dieser Beitrag wurde nicht gesponsert. Ich habe lediglich meine Erfahrungen und Gedanken hier dargelegt.